Neubewertung der gegenwärtigen Weltlage

Reverend Sun Myung Moon

18.
Internationale Konferenz zur Vereinigung der Wissenschaften

Ansprache des Gründers

August 23, 1991

Seoul, Korea

Ins Deutsche übertragen von Johannes Stampf

Es ist mir eine große Freude, Sie erneut hier in meinem Heimatland begrüßen zu dürfen. Es sind bereits 10 Jahre vergangen, seitdem wir hier in Seoul das Thema „Die Errichtung einer neuen Welt“ besprochen haben. Damals schlug ich den Bau eines internationalen Autobahnsystems vor, das ausgehend von Ostasien alle Regionen der Welt miteinander verbindet. Auch begannen wir damals das Projekt Ihre Forschungsergebnisse zu veröffentlichen, damit diese die junge Generation überall auf der Welt konstruktiv bereichern mögen. 

Vor 10 Jahren schienen diese Pläne wie ein unverwirklichbarer Traum. Heute jedoch haben wir die Grundlagen für deren Verwirklichung bereits gelegt. Die Pläne für einen Unterwassertunnel zwischen Korea und Japan sind bereits fertig und ein Sondierungsstollen ist bereits in Bau.

Um Ihre Artikel und Bücher zu veröffentlichen, haben wir den Verlag PARAGON und das Magazin “The World and I”. Darüber hinaus werden hier in Ihrem Beisein die „Föderation für Weltfrieden“ und die „Interreligiöse Föderation für Weltfrieden“ gegründet. Ich schlug die Gründung dieser beiden Organisationen bereits im vergangenen Jahr vor und ich glaube, dass Sie darüber bereits informiert wurden.

Meine Damen und Herrn, die gegenwärtige Welt befindet sich in einer Periode des Übergangs und der Veränderungen und bedarf einer bedachtsamen Neubewertung. Die konsistente Betonung von Werten in den vergangenen ICUS Konferenzen mag in ihrer Natur als prophetisch angesehen werden. Heute erschallt der Ruf nach neuen Werten bereits aus allen Enden der Welt und die Arbeit dieser Konferenz wurde zu einem wichtigen Mittel, um die unmittelbare Realität bewältigen  können. Die dramatischen Veränderungen in der Sowjetunion, in Ost- und in Zentraleuropa untersteichen diese Tatsache.

Was nun?

Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Welt sprechen viele mit Selbstsicherheit von der Überlegenheit des Westens mit seinen Werten und Institutionen. Wir müssen aber die Gesellschaften der freien Welt und der nichtkommunistischen Länder neu überdenken, die bis heute in Opposition zum kommunistischen Block standen.

Wohin gehen diese? Sind wir sicher, dass ihre Art des Fortschritts die Völker der Welt in eine glückliche und harmonische Zukunft führen kann? Wir sehen vielmehr, dass auch nach dem Zerfall des kommunistischen Blocks die Probleme in der Welt weiter bestehen. Um die nötigen Lösungen zu entwickeln, müssen wir den Ursachen der Probleme auf den Grund gehen. Unsere Aufgabe sollte eine gründliche Neuevaluierung aller Institutionen und Lebensstile der gegenwärtigen Welt sein. Solch eine Neuevaluierung wird es uns ermöglichen jene tauglichen Aspekte unserer Welt zu identifizieren, die der Menschheit zu einem neuen erweiterten Bewusstsein verhelfen können.

Grundlegend stammt die Verwirrung in den Wertesystemen unserer heutigen Lebensweisen von einem Bruch in der ursprünglichen vertikalen Ordnung zwischen Gott und Menschheit. Den verschiedenen Institutionen und Wertesystemen mangelt es an einer klaren Richtung und sie sind instabil und widersprüchlich, weil sie vom Menschen etablierte horizontale Ordnungen sind, die keine Verbindungsachse zu Gott besitzen.

Das Universum existiert nicht bloß auf der Basis individueller, materieller Substanzen, aus denen es sich zusammensetzt. Unsere Welt ist nicht nur die Summe isolierter individueller Substanzen. Materielle Substanzen beziehen ihre primäre Existenz aus Energie, die sich in ihren Beziehungen zu anderen Substanzen zeigt. Völker und Kulturen wachsen und entwickeln sich im Kontext gegenseitiger Beziehungen von Geben und Nehmen. Hinter jeder Beziehung des Gebens und Nehmens zwischen Substanzen und Individuen gibt es eine prä-existente vertikale Ordnung einer höheren Dimension, die diese individuellen Substanzen mit einem gemeinsamen Zweck und Ziel ausstattet. Beispielsweise wurden wir Menschen mit Freiheit ausgestattet, um die höchsten Ebenen der Freude und Liebe zu Gott und unseren Mitmenschen erleben zu können. Daher müssen wir, um den Zweck unserer Existenz erfüllen zu können, vor allem die Liebe Gottes ererben.

In der idealen menschlichen Gesellschaft formt die wahre Liebe, die immer danach trachtet anderen zu geben, die Basis für alle Beziehungen. Solch eine wahre Liebe wird vom Erleben wahrer Elternliebe motiviert und inspiriert. Die wahre Liebe von Eltern, die ihrerseits in der wahren Liebe Gottes wurzelt, ist das Mittel zur Förderung des Charakters eines Kindes, bis er die Vollendung erreicht. Ein Mann und eine Frau, die auf diese Weise gefördert und genährt wurden und ihren persönlichen Charakter vollendet haben, kommen als Ehemann und Ehefrau zusammen und gründen eine Familie, in der sie wahre Liebe an ihre Kinder weitergeben. Das ist die ursprüngliche Schöpfungsordnung. Die ideale Welt wird auf Erden dann errichtet, wenn ein Individuum, das die wahre Liebe und einen vollendeten Charakter besitzt, fähig ist, diese auf die Familie, die Gesellschaft, Nation und Welt auszuweiten.

Unsere heutige Welt stammt von einem anderen Ursprung als dem, den ich gerade beschrieben habe. Heute erleben wir die Ausweitung der Resultate des Falles der menschlichen Ureltern, ein Ereignis, durch das sich die Menschen vom wichtigsten Prinzip des göttlichen Schöpfungsaktes, der Disziplin der Liebe, getrennt haben. Sich gegen die Ordnung von Gottes Schöpfung auflehnend, setzt die heutige Welt ihre Werte in vom Menschen geschaffene Organisationen, Strukturen und Gesetzesordnungen. Diese sind jedoch unfähig, ideale Individuen, Familien und Völker hervorzubringen. Sie vermögen die Völker der Welt nicht in eine strahlende und glückliche Zukunft führen.

Verehrte Gelehrte aus aller Welt. Sie sind in Ihren Fachgebieten sehr gut ausgebildet. Die Welt um uns leidet Tag für Tag an Gewalt und Ungerechtigkeit. Mit jedem Tag, der vorübergeht, wird die Luft, die wir atmen, das Wasser, das wir trinken und die Nahrung, die wir essen mehr und mehr verschmutzt.

Trotz der wissenschaftlichen Fortschritte und des zunehmend bequemeren Lebens wachsen unsere Sorgen und die Unsicherheiten nehmen zu. Wenn sich die Menschheit des 21. Jahrhunderts weiterhin außerhalb der fundamentalen Prinzipien Gottes stellt, der das Universum erschaffen hat, werden wir nicht länger als Herr des Planeten Erde existieren können. Engere menschliche Beziehungen sind für eine gute menschliche Zukunft notwendig, auch wenn wir diese vielleicht nicht haben wollen.

Wir treten in das Zeitalter einer globalen Menschheitsfamilie ein, in dem wir keine andere Wahl haben als in engerer Nachbarschaft mit Menschen anderer Religionen, Nationen und Hautfarben zu leben. In solch einer Welt müssen wir eine echte Akzeptanz anderer Lebensstile um uns erreichen. Es wird für ein Individuum oder eine Gruppe unmöglich sein, ihren eigenen, separaten Himmel zu besitzen. Die Menschheit darf die Umwelt nicht länger für egoistische Zwecke missbrauchen. Sie muss sich vielmehr in Harmonie mit dem größeren Zweck der Weltgemeinschaft und der zukünftigen Generationen entwickeln.

Wie wird die grundlegende Ordnung für dieses neue Zeitalter und die neue Gesellschaft aussehen, nach der wir konstruktive Mitglieder einer solchen globalen Gesellschaft erziehen? Diese Frage kann nur im Kontext zur göttlichen Schöpfungsordnung beantwortet werden, in der die Disziplin der Liebe die zentrale Achse bildet.

Verehrte Gelehrte, vielleicht kann der Punkt, den ich hier aufgeworfen habe, helfen zu erklären, warum ich, als jemand, der immer danach getrachtet hat Gottes Willen zu erfüllen, in den vergangenen 20 Jahren bereits 18 ICUS Konferenzen gesponsert habe. Auch wenn einige meine Bemühungen nicht schätzen konnten, habe ich dieser Konferenz immer mit vollster Überzeugung meine geistige und materielle Unterstützung gegeben.

Es ist wegen meiner brennenden Sehnsucht der Zukunft der Menschheit zu dienen, dass ICUS seit der ersten Konferenz im Jahre 1972 eine unkonventionelle Struktur hatte, die es ermöglichte Gelehrte aus den Naturwissenschaften, den Humanwissenschaften und den Sozialwissenschaften in einem gemeinsamen Forum zusammenzuführen, das die interdisziplinäre Harmonie und Einheit betont. Ich sehe, dass jede akademische Disziplin ihre spezifischen Schwerpunkte hat und ich verstehe die Notwendigkeiten der Spezialisierung in der Forschung.

Forschung in den einzelnen Fachgebieten muss jedoch durch gegenseitige kooperative und komplementäre Beziehungen zusammengeführt werden, damit sie dem allgemeinen Guten dienen kann. Das ist mit einer der Gründe warum ich in jeder einzelnen ICUS Konferenz den Begriff „Absolute Werte“ eingebracht habe, auch wenn Wissenschaftler dieses Konzept unangenehm oder gar anrüchig finden. Ich bin Ihnen und zahlreichen Gelehrten in aller Welt dafür dankbar, dass Sie meine Vision teilen und mithelfen, die Arbeit dieser Konferenz auch in der Zukunft fortzuführen.

ICUS muss sich nun auf eine neue Ebene entwickeln. Mit absoluten Werten als zentrale Achse müssen wir ab nun die Resultate dieser Konferenz zum Wohl der Zukunft der Menschheit und der Welt aktiv lehren und anwenden. In diesem Sinne diente die ICUS Struktur bereits in 95 Ländern als Medium zur Errichtung von Teilorganisationen der Weltfriedensakademie für Professoren, um die Gelehrten dieser Länder in weltumspannende kulturelle Aktivitäten zu involvieren.

Viele Menschen brachten die große Hoffnung in eine solche praktische Bewegung gewissenhafter Gelehrter zum Ausdruck. Für Intellektuelle, die in unserer Gesellschaft die am höchsten geachtetste Gruppe bilden, die Führung darin zu übernehmen der Jugend in aller Welt beständige Werte zu vermitteln ist um nichts weniger wichtig, als Ihre Arbeit als Professor auf Ihrem Spezialgebiet. Ich denke es ist wichtig, dass Gelehrte aus aller Welt Gruppen bilden, die verschiedene Länder besuchen und umfassende Instruktionen geben. Ein Programm dieser Art wurde in Korea und in Japan bereits mit großem Erfolg durchgeführt.

Es besteht großer Bedarf für eine weltweite Teilnahme von Gelehrten in einer Bewegung, die der gegenwärtigen Welt eine neue Vision gibt, besonders jungen Menschen, um sie vor Drogen, Hedonismus, Gewalt und Krieg zu retten. Ich weiß, dass wir mit Ihrem Einfallsreichtum und Ihrer praktischen Erfahrung eine neue Weltkultur errichten können.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch betonen, dass ich überzeugt bin, dass in dieser Konferenz in meinem Heimatland zahlreiche fruchtbare Diskussionen stattfinden und Beschlüsse gefasst werden. Ich bin stolz auf Korea, weil es in seiner langen und leidvollen Geschichte immer eine wunderbare Kulturtradition, insbesondere eine starke Familientradition, aufrechterhalten hat. Auch denke ich, dass sich Korea in hervorragender Weise aus der Asche aufeinander folgender Kriege zu einem angesehenen Wirtschaftsland entwickelt hat.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit