Gott und die Grenzen der Wissenschaft

Die Verantwortung der Akademiker in der Suche nach absoluten Werten

Sun Myung Moon
8. Internationale Konferenz zur Vereinigung der Wissenschaften
22.-25. November 1979

Century Plaza Hotel
Los Angeles, Kalifornien

Von der englischen Vorlage ins Deutsche übertragen von Johannes Stampf

Verehrter Vorsitzender, verehrte Gelehrte, meine Damen und Herrn!

Ich danke Ihnen allen, dass Sie sich entschieden haben, an dieser 8. Konferenz zur Vereinigung der Wissenschaften teilzunehmen. Die Bedeutung dieses Treffens nahm von Jahr zu Jahr aufgrund Ihrer Teilnahme zu. Das ehrt mich als Gründer sehr.

In Verbindung mit dem Thema dieses Jahres “Die Verantwortung der Akademiker in der Suche nach absoluten Werten”, möchte ich einige Punkte zur Frage „Gott und die Grenzen der Wissenschaft“ erläutern.

Als sich in den vergangenen Jahren die Wissenschaft immer mehr entwickelte, setzte die Menschheit immer größere Hoffnungen in sie und glaubte, dass Abhilfe sowohl in geistigen wie auch in physischen Problemen und Notlagen durch den Fortschritt der wissenschaftlichen Technologie kommen würde.

Wissenschaftler mit dem Bewusstsein, dass sie als Beitragende zum Wohl der Menschheit eine kritische Mission haben, setzten einerseits ihre Suche nach der ultimativen wissenschaftlichen Wahrheit fort, auf der anderen Seite setzten sie alles daran, die wissenschaftliche Technologie in allen menschlichen Lebensbereichen zu etablieren. Die resultierenden Nutzen bestanden in einem fantastischen Wirtschaftswachstum, materiellem Reichtum und einem physischen Wohlergehen, wie das die Menschheit nie zuvor gekannt hat.

Aber trotz all dieser großen Vorzüge bringt die moderne Technologie auch riesige Mängel zum Vorschein wie Umweltverschmutzung, Ausbeutung der Ressourcen, menschliche Entfremdung und die Ansammlung furchterregender Waffen thermonuklearer Zerstörung.

So brachte die Wissenschaft, die von der ursprünglichen Intention stammt, der Menschheit Glück und Wohlstand zu bringen, auch Ängste und Instabilität. Warum? Der Grund liegt darin, dass Wissenschaft in ihrem Bestreben nach wissenschaftlicher Neutralität die Orientierungen von Zweck und Wert ausgeschlossen hat.

Ich möchte verkünden, dass Menschen von Natur aus einen Wert besitzen. Sie sind Geschöpfe Gottes. Und sie wurden geschaffen, um in Übereinstimmung mit dem Wert der Schöpfung ein Leben mit einer definitiven Wertperspektive zu führen. Ungeachtet dessen, dass der Mensch als Geschöpf Gottes mit allerhöchstem Wert ausgestattet wurde, missachtete er diese Wertperspektive, um an die Allmacht der Wissenschaft als Patentrezept und Allheilmittel zu glauben. In der Folge wurde die Technologie zur Ursache zunehmender Schädigung und Zerstörung.

Wissenschaft kann im menschlichen Leben immer nur ein Mittel aber niemals alles sein. Der Zweck des menschlichen Lebens ist die Verwirklichung des Schöpfungszwecks. Der Mensch ist ein vereinigtes Wesen, bestehend aus geistigen und physischen Entitäten. Daher sollte er auf der Basis des physischen Lebens ein Leben ausgerichtet auf die Werte Liebe, Wahrheit, Schönheit und das Gute führen. Wissenschaft und Technik dienen dazu, dass das physische Leben eine angemessene Basis für das geistige Leben zur Verfügung stellen kann. Daher bringt eine Wissenschaft, die ein auf Werte ausgerichtetes Leben gering schätzt oder dieses nicht angemessen beachtet, eine Zerstörung der Wertperspektive im Menschen mit sich und führt zur heutigen Realität von Angst und Unsicherheit. Die Menschheit kann aus dieser unglücklichen Lage nur herausfinden, wenn sie sich auf die Suche nach der Wertperspektive begibt und solange sucht, bis sie diese gefunden hat. Die Wissenschaft muss sich im Einklang mit dieser Wertperspektive bewegen, die, und das braucht nicht gesondert hervorgehoben werden, auf absoluten, unverrückbaren Werten basiert.

Wo können diese absoluten Werte gefunden werden? Mir ist klar, dass diese ausschließlich in der Liebe Gottes zu finden sind, und dass in der Tat Wahrheit, das Gute und Schönheit basierend auf der Liebe Gottes diese absoluten, unverrückbaren Werte darstellen.

Daher ist zu bedenken, dass die Befreiung der Menschheit von all dem Unheil und den schädlichen Auswirkungen des Missbrauchs wissenschaftlicher Technologie nur dann kommen kann, wenn die Wissenschaft Gott anerkennt und wahrnimmt, und wenn sie ihre Technologie in die Richtung lenkt und anwendet, die mit der Liebe Gottes in Einklang steht.

Darüber hinaus schlage ich vor, zu beachten, dass die Wissenschaft in ihrer Suche nach Wahrheit auf den Bereich der Natur eingeschränkt ist. Im Zwanzigsten Jahrhundert wurde die Wissenschaft in ihrer Suche nach der Wahrheit in den Bereich der Philosophie abgedrängt. Sie musste sich, wie die Philosophie des Altertums, mit Fragen nach dem Ursprung des Universums auseinandersetzen. Das heißt, dass die Wissenschaft, besonders Physik und Biologie, mit den lang diskutierten und ungelösten Fragen der Ontologie konfrontiert wurde. Und tatsächlich dienten bestimmte Experimente in der Quantenphysik der Erforschung dieser ontologischen Fragen.

So beschäftigte sich die Physik auf wissenschaftlichem und experimetellem Wege mit ontologischen Fragen wie: Was ist das wahre Wesen der Materie? Die erste Antwort war: Das Atom. Eine zweite Antwort war, die Elementarpartikel. Schließlich förderte die Quantenmechanik eine Antwort zutage, in der Elementarpartikel mit Energie selbst in Beziehung standen.

Auf gleiche Weise ging die Biologie an ein ähnliches ontologisches Problem heran: Was ist das Wesen oder das Geheimnis des Lebens? Sie kam schließlich zu dem Schluss: Das Geheimnis des Lebens ist in den Eigenschaften der DNS verborgen.

So hat die Wissenschaft in ihrer Suche nach der Wahrheit des Universums zahlreiche Fakten offen gelegt und eine erstaunliche Menge an Wissen zusammengetragen. Aber das sind nur schwerlich die ultimativen Lösungen und Antworten auf die Fragen des Menschen. Auch wenn die Quantenphysik bestätigt, dass der Urgrund der Materie Energie ist, wissen wir nicht, woher diese Energie kommt, welches ihr Vorstadium ist oder warum und wie sich Energie von ihrem Vorstadium zu ihrem Jetztstadium entwickelt hat. Warum bildeten sich unterschiedliche Moleküle? Warum besitzt jedes Molekül sein charakteristisches Muster von positiver und negativer Ladung usw.? Da sind noch zahlreiche Fragen, die noch einer Antwort harren.

Auch in der Molekularbiologie, die darauf aufbaut, dass die wahre Natur des Lebens im Code der DNS enthalten ist, bleiben noch viele Fragen ungeklärt. Wie kamen die vier Einheiten des DNS Codes dazu diese Informationen zu tragen, wie kam die DNS zu ihrer Fähigkeit sich zu replizieren und dergleichen?

Was bedeutet es, dass die Wissenschaft, auch wenn sie sich zu einem erstaunlichen Grad entwickelt hat, so viele ihrer eigenen Probleme unberührt lässt? Das kann nur bedeuten, dass sich diese verbleibenden wissenschaftlichen Fragen nicht innerhalb des direkten Bereiches der modernen Naturwissenschaft befinden.

Auch wenn sich die Wissenschaft in ihrer Suche nach der Wahrheit mit zahlreichen unmittelbaren Ursachen und bestimmten Phänomenen beschäftigt hat, hat sie bis heute noch nicht die Suche nach der Motivation und den Ur-Gründen für alle Existenz als Gesamtes aufgenommen. Daher ist die letzte Frage, mit der die Wissenschaft konfrontiert ist, die Frage nach dem letzten und ultimativen Grund aller Existenz. Das unerforschte Problem in der Frage „Was ist das Wesen der Materie“ ist die Frage nach dem Grund für ihre Existenz, und weiters ist das unberührte Problem in der Frage „Was ist das wahre Wesen des Lebens“, die Frage nach dem Grund des Lebens selbst. 

Ich schlage vor, dass wir, um die Gründe klären zu können, zuerst einen Zweck voraussetzen, und bevor wir einen Zweck festmachen, müssen wir den Willen anerkennen und begreifen, nämlich den kosmischen und universalen Willen, der über allen Dingen steht. Wenn Sie für diesen kosmischen Willen das Wort „Gott“ verwenden, dann gilt es als ersten Schritt zur Klärung dieser offenen Fragen Gottes Zweck für die Schöpfung zu begreifen, und dann gilt es wahrzunehmen, dass hinter den physikalischen oder chemischen Faktoren in aller Materie und in allen Lebensformen ein ursächliches Motiv existiert, das jeden einzelnen Bestandteil einem bestimmten Zweck gemäß dirigiert.

Kurz gesagt ist genau die Wissenschaft, die sich zur Freude und zum Wohl der Menschheit entwickelt hat, heute die Ursache von Schwierigkeiten und sogar von Schädigung und Zerstörung. Und der einzige Weg sich von diesen schädlichen Auswirkungen zu befreien ist es, die Wissenschaft unter die wahre Wertperspektive zu bringen, die in der Liebe Gottes ihr Zentrum hat.

Je mehr sich Wissenschaftler mit den Grenzen der Wissenschaft konfrontiert sehen, desto mehr werden sie erkennen, dass der Schlüssel diese Grenzen zu überschreiten darin liegt, zu beachten, dass hinter aller Materie und allen Lebensformen ein zweckvolles Motiv wirkt, das im Einklang mit Gottes Schöpfungszweck steht.

Es ist mein wohlüberlegter und fester Glaube, dass die Punkte, die ich Ihnen hier vorgetragen habe, die wichtigsten und dringlichsten Inhalte für die moderne Wissenschaft darstellen. Ich fühle, dass es höchst vorteilhaft wäre, sie als Referenz für die Beiträge zu beachten, die Sie, verehrte Gelehrte, zum Thema dieser Konferenz beisteuern.

Schließlich wünsche ich Ihnen allen Erfolg in Ihren Forschungen und in Ihrem Streben nach Wahrheit in der Relation zur absoluten Wahrheit. Ich bin mir sicher, dass die Früchte Ihrer Bemühungen, die in Ihren Präsentationen bei dieser Konferenz zum Ausdruck kommen, signifikant zum Weltfrieden beitragen werden.

Ich danke Ihnen allen für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.